Internierung der Russlanddeutschen, Vertreibung aus Kutter 1941

 

Im August 1941 wurden alle Deutschen aus dem Wolga-Gebiet interniert nach Sibirien: zum Beispiel in das Gebiet Omsk, in das Gebiet Novosibirsk, ins Altaigebiet, ins Gebiet Kemerova, nach Kranojarsk und Kasachstan. Die Internierung der Deutschen von der Wolga wurde innerhalb von 24 Stunden durchgeführt.

Die Männer, Frauen und Kinder wurden von den russischen Soldaten zusammengetrieben wie Vieh. Ihnen wurde mitgeteilt, dass sie das Notwendigste mitnehmen sollten: Essen, Trinken für zwei, drei Tagen. Das war ein Zittern und Zagen mit viel Geschrei.

So wurden die Menschen zusammengetrieben aus den Orten: Kutter, Dönnhof, Messer, Anton, Moor und aus vielen anderen Orten, erst in die Kreisstadt Balzer, danach auf das Schiff die Wolga herauf nach Saratow, wo die Züge mit Viehwagons bereit standen in Richtung Osten.

 

Die Erwachsene und die Kinder wurden in die überfüllten Wagons hineingetrieben, wo schon kaum mehr Platz war. Es herrschte großer Kummer, viel Jammern und die schlimme Ungewissheit, wo geht es hin ? Und rings herum schrien Soldaten: "Steigen sie ein, schneller, schneller!"

Die Wagons waren so überfüllt, dass die Soldaten nur mit Schwierigkeiten die Wagontüren schließen konnten .

So mussten die Deutschen Hab und Gut zurücklassen und mit leeren Händen ihre Wolgaheimat verlassen. Selbstverständlich haben alles Hab und Gut Russen übernommen: Haus, Möbel, Geschirr, die Kühe, die Hühner, die Haushaltsgegenstände, alles ....

Spät abends setzte sich der Eisenbahnzug in Bewegung Richtung Osten mit den in Viehwagons eingeladenen und vorher zusammengetriebenen Deutschen.

 

Als der Eisenbahnzug die Nacht in Richtung Osten durchfuhr und im Morgengrauen anhielt, da waren plötzlich Deutsche Flugzeuge über dem Zug. Die Russischen Soldaten schrien, schnell die Wagons zu verlassen. Die Flugzeuge haben keine einzige Bombe abgeworfen, im Gegenteil, sie warfen Zettelchen auf denen stand : "Wir holen euch raus". Am drittenTag bekam dieMutter der achtjährgen Berta Fieber. Als sie abends in den Wagon einstiegen, hatte die Mutter schon fast keine Kraft mehr. Sie legte sich auf den Boden des Viehwagons und betete. Berta und ihr Bruder Johannes setzten sich neben sie. Der Bruder war zu jener Zeit 13 Jahre alt. Die Mutter sagte zu ihm: " Johannes, wenn mit mir was passieren soll, pass bitte auf deine Schwester auf und haltet  zusammen."

Als am Morgen der Eisenbahnzug anhielt und befohlen wurde, die Wagons zu verlassen, da merkten sie, dass die Mutter sich nicht mehr bewegte  und auch nicht mehr atmete. Sie war gestorben.

Der Zugbegleiter gab darauf das Kommando, die Wagons zu verlassen, das Mädchen blieb bei der Leiche ihrer Mutter sitzen. Die Soldaten haben die Leiche draußen auf das Gras abgelegt. Den ganzen Tag saß Berta da und weinte:  Abends als die Fahrt weiter ging wollte Berta nicht weg von der  Mutter, Sie hielt sich fest an ihr, aber die Soldaten fassten sie grausam im Nacken und schleppten Berta in den Wagon. Die Leiche der Mutter blieb draußen in der Steppe liegen, fürs Wild.

So wurden am Rand der ganzen Eisenbahnstrecke mit der Fahrt der Deutschen aus dem Wolgagebiet nach Sibirien Leichen gefunden. Bei jedem Anhalten des Zuges gab es Tote .

 

Text von Jakob Kunkel Stockstadt